Das inhaltliche Vorgehen der Bürgerbewegung „Pro Köln“ wird von einer doppelten Herangehensweise geprägt: Zum einen versucht sie, allgemein diskutierte Themen – etwa die Gewaltkriminalität in manchen Vororten – mit dem Thema Einwanderung zu verbinden. Zum anderen führt sie damit extrem rechte Positionen in gesamtgesellschaftliche Debatten ein. Dominierende Themen sind bei „Pro Köln“ seit einigen Jahren Islam, Islamismus und die Einwanderung nach Deutschland. Zentraler Agitations-Schauplatz ist der Kölner Stadtteil Ehrenfeld mit dem dort geplanten Moscheebau. „Pro Köln“ stellt den Moscheebau sehr emotional als eine Art feindliche Landnahme im Stadtteil dar und spricht von einer “schleichenden Islamisier- ung” Kölns. Es “liegt auf der Hand, daß die Ehrenfelder Großmoschee eine Art Staat im Staate bilden wird”, behauptet die “Bürgerbewegung” – als ob das Problem nicht vielmehr in der Ausgrenzung muslimischer Einwanderer durch die deutsche Mehrheitsbevölkerung läge. „Pro Köln“ jedoch sieht eine “Parallelgesellschaft” auf der Grundlage der “islamischen Kultur” entstehen, die auf “Praktizierung der Scharia, Gewaltpotential und Terrorismusgefahr …, Haßprediger, religiöse Erziehung, Haltung zum Extremismus, Zwangsehe, Ehrenmord” zu überprüfen sei. Der Generalverdacht, unter den die “Bürgerbewegung” den gesamten Islam stellt, wird den Realitäten nicht gerecht – schließlich ist der Islam genauso wenig ein monolithischer Block wie das Christentum. Der Generalverdacht trägt aber zur Stigmatisierung des Islam bei. Rassistische Klischees über Einwanderer werden so in kulturelle Stereotypen verwandelt und erzeugen eine Art kulturell verbrämten anti-islamischen Rassismus.
Die Anti-Islam-Kampagne stößt in Teilen der Kölner Bevölkerung durchaus auf Zustimmung. Dies zeigt die Unterschriftensammlung von „Pro Köln“ zum “Bürgerbegehren” gegen den Moscheebau, die von zirka 16.000 Personen unterstützt wurde. Die Kölner Kampagne ist auch keineswegs isoliert. In Berlin (Heinersdorf), Frankfurt am Main und anderen europäischen Städten mobilisieren ebenfalls unterschiedliche rechte Gruppierungen gegen Moscheebauten und stoßen dabei auf Zustimmung in der örtlichen Bevölkerung. Stets liegt dem ein Weltbild zugrunde, das die Grundrechte, wie sie in der Verfassung garantiert werden, nicht mehr als unveräußerliche Rechte begreift, sondern als Privilegien, die nur bei Anpassung an die deutsche Mehrheitsgesellschaft verliehen werden. Zu diesen Grundrechten gehört bekanntlich das Recht auf freie Religionsausübung, das mit der „Pro Köln“-Kampagne in Frage gestellt wird.
Zweitwichtigstes Thema von „Pro Köln“ ist die Innere Sicherheit. Die Sozialwissenschaft weist seit je darauf hin, dass Kriminalität nicht von ethnischer Herkunft, sondern vom sozialen Milieu abhängig ist – Steuerhinterziehung wird eben vorwiegend in finanziell bessergestellten Kreisen begangen, Körperverletzung eher in Unterschichtsmilieus. Die “Bürgerbewegung” jedoch stellt eine Verbindung zwischen ethnischer Herkunft und Kriminalität her, erklärt die Gewalt in manchen Vororten zum “Ausländerproblem”. In „Pro Köln“-Kreisen werden Wahnvorstellungen wie die folgende herbeifantasiert: “In den Städten unseres Landes gibt es immer mehr rechtsfreie Räume, in denen sich selbst die Polizei nur noch in großer Zahl traut. ‘No-Go-Areas’ also – aber nicht für Ausländer oder Asylbewerber, sondern für die einheimischen Bürger!”.
Entsprechend laufen die Vorschläge der “Bürgerbewegung” zur Kriminalitätsbekämpfung weitgehend auf blanke “Ausländer raus!”- Politik hinaus. Vor ein paar Jahren forderte „Pro Köln“ übrigens sogar die Aufstellung einer Bürgerwehr. Die neuen Konflikte, die dies schafffen würde, kann man sich leicht ausmalen. Eine Besonderheit bei „Pro Köln“ ist der hohe Stellenwert, den die Hetze gegen Sinti und Roma besitzt. Die “Bürgerbewegung” hat das Thema sogar in ihre Programmatik aufgenommen. “Jugendliche Roma- Klau-Kids” würden “nunmehr über Jahre die ganze Stadt terrorisieren”, heißt es in den “6 Punkten Pro Köln”. Die Hetze gegen Sinti und Roma erinnert an die Zeit, als zahlreiche heutige „Pro Köln“-Aktivisten noch unter dem Namen DEUTSCHE LIGA FÜR VOLK UND HEIMAT (DLVH) Politik machten, ein Kopfgeld auf eine Roma-Frau aussetzten und sie steckbrieflich suchten. “Roma-Klau- Kids … gehören unverzüglich abgeschoben”, fordern sie heute.
Ein drittes zentrales Thema bei „Pro Köln“ ist der Kampf gegen den “Klüngel-Sumpf” und die “kommunalpolitische Klasse”. Die “Altparteien”, der “kriminelle Polit-Klüngel”, sei “verfilzt bis zu den untersten Ebenen”, erklärt die “Bürgerbewegung”. Die Kritik bewegt sich jedoch nur auf der verbalen Ebene. Exemplarische Schritte hin zu größerer Transparenz im Stadtrat oder konkrete politische Forderungen für mehr demokratische Mitwirkung der Bevölkerung kennt man von „Pro Köln“ nicht. Das Thema dient tatsächlich vor allem dazu, Protest gegen die “Altparteien” auf die Mühlen der “Bürgerbewegung” zu lenken, die wegen ihrer extrem rechten Positionen bislang noch von ebenjenen “Altparteien” ausgegrenzt wird – „Pro Köln“ darf eben noch nicht mitklüngeln. Wer den landes- und bundesweiten Ausbau der „Pro Köln“-Strukturen beobachtet, kann die “Klüngel”-Kritik der “Bürgerbewegung” ohnehin nicht ernst nehmen: In „Pro NRW“ und „Pro Deutschland“ herrscht der Klüngel von „Pro Köln“. Neben diesen drei Hauptthemen widmet sich „Pro Köln“ je nach Bedarf und Möglichkeit auch weiteren Feldern, vor allem dort, wo sie in einem Teil der lokalen Bevölkerung eine emotionalisierte Debatte gegen “Fremde” bzw. “Ausländer” und andere sozial Ausgegrenzte erkennt. Beispiele hierfür sind die Kampagnen von „Pro Köln“ gegen Flüchtlingsunterkünfte in Köln-Poll und Merkenich, gegen die Verlegung des Straßenstrichs nach Longerich, gegen die Drogenberatungsstelle Junkie-Bund in Kalk oder gegen den Bau einer forensischen Klinik in Porz, die vor allem an autoritäre Weltbilder anknüpften und sie verstärkten. In manchen Stadtteilen gelang es „Pro Köln“ tatsächlich, in einem Teil der Bevölkerung die Debatte zu bestimmen. Recht vorsichtig ist „Pro Köln“ mit Antisemitismus und offenem Geschichtsrevisionismus, Themen, die für die extreme Rechte in Deutschland insgesamt sehr große Bedeutung besitzen. Regelmäßig nimmt „Pro Köln“ jedoch zum Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus Stellung. So erklärte Judith Wolter im Stadtrat, der 8. Mai sei für sie “sicherlich kein Datum zu feiern” – schließlich sei nach dem alliierten Sieg “de facto ein Drittel des damaligen Reichsgebietes” verloren gegangen.
© “Köln ganz rechts – Die extreme Rechte und die Braunzone in Köln”,
Jugendclub Courage Köln, 2008